LeseZeichen 2017
Lesezeichen 2017
Fast 100 Gedichte von 52 Autoren aus aller Welt verwandeln Straßen und Plätze in Hildesheim von Mai bis Oktober 2017 zu Orten der Poesie. Mit den monumentalen Lesezeichen holen wir die Kunst des Wortes zwischen verstaubten Buchdeckeln hervor und setzen sie ins Freie, ins Offene, mitten in der Stadt.
Das Besondere in diesem Jahr:
- Neben den traditionellen Bannern schaffen wir auch begehbare Lesezeichen in Vorhallen und Einkaufspassagen
- Die interaktive Stadtkarte, mit der sich jeder Nutzer über sein iPhone von jedem Standort aus in der Stadt orientieren und die Lesezeichen auffinden kann
- Die Lesezeichen-Rally „Lesezeichen To Go“ über Facebook, mit der wir die Lust am medialen Spiel mit dem „Anspruch“ des Literarischen kombinieren.
- Die Lesezeichen-Kids: Kinder und Jugendliche kreieren eigene kleine Lesezeichen und montieren diese in ihrem Umfeld
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Programm
Grußwort des Oberbürgermeisters Dr. Ingo Meyer
Endlich wieder verwandelt das Forum Literaturbüro e.V. mit den Lesezeichen 2017 viele prägende Orte in Hildesheim in eine Welt erlebbarer Lyrik. Passend zum Reformationsjubiläum steht das Projekt dieses Jahr ganz im Zeichen von Luthers Motto: „Hier stehe ich …“. Beinahe hundert Gedichte von 49 Autorinnen und Autoren aus neun Ländern der Welt machen unsere Straßen und Plätze von Mai bis Oktober zu Orten der Poesie. So viele wie nie zuvor! Auch das belegt den Erfolg dieses inzwischen bundesweit bekannten und einzigartigen Projektes.
Doch begeistert die außergewöhnliche Kombination von Text und Ort längst nicht nur die kreative Szene. Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt erfreuen sich gleichermaßen wie Gäste an den ungewöhnlichen und bewegenden Lyrik-Installationen. Sie überraschen, springen ins Auge und zwingen den Passanten förmlich zum Lesen. Begleitet werden die übergroßen Lesezeichen an markanten Stellen der Stadt von einer LesezeichenRallye auf Facebook und einer interaktiven Smartphone-Karte, die die Lust am medialen Spiel mit der klassischen Literatur verbindet und für verschiedenste Zielgruppen zugänglich macht.
Nach zahlreichen kreativen Projekten wie der LiteraturApotheke beweist das Forum Literaturbüro e.V. mit dem neuen Lesezeichen-Projekt erneut, dass es eines ganz besonders beherrscht: Nämlich Lust aufs Lesen machen. Ich bin stolz, dass der Verein mit so engagierten und kreativen Menschen unser kulturelles Leben in Hildesheim bereichert und verbleibe in Vorfreude auf das Projekt.
Mit herzlichen Grüßen
Alle Texte 2017
Glaube
wenn ich das nicht glaubte,
wenn ich das nicht hoffte,
dass der Löwe einst Stroh frisst,
der Wolf beim Lamm liegt,
Frieden und Gerechtigkeit sich küssen,
wäre so vieles, was ich tue,
ohne Sinn.
Das glaube ich.
Das hoffe ich.
Deshalb lebe ich frohgemut
In den Morgen hinein.
Margot Käßmann
Metapher fürs Glück
Trotzdem
er sich in allem
richtig verhalten hatte
war er am Bahnhof
dann leider
in den falschen Zug
gestiegen
und oh Wunder
vielleicht nur deshalb
am richtigen Ort
angekommen
Jo Köhler, Hildesheim
Reisegepäck
In zwei großen Koffern
Und einer Reisetasche
Habe ich meine Hoffnungen
Verstaut
Ich sehe
Dass sich viele
Mit noch mehr Gepäck
Abmühen
Den Gepäckträger
Der mir behilflich sein will
Weise ich höflich
Aber bestimmt ab:
Meine Hoffnungen
Gebe ich
Nicht
Aus der Hand
Manfred Hausin
Es wurden netze
Es wurden netze
nach fischen geworfen,
es wurden haare
gekämmt eine stunde
vor morgen
es wurden sterne
hinaufgezogen
eine schar von frauenarmen
flatterte über den dächern,
den kieselweg hinunter
liefen schlaflose lippen der frauen
gesungen wurden namen
der geliebten am ufer
und frauenherzen hochgeschleudert,
zärtlicher als höher,
höher als leuchttürme
geküsst wurden leere
hände der geliebten.
sternenstaub an den lippen
der frauen verheizte
der aufgang der sonne
Marianne Gaponenko, Odessa
Unvorsichtig
Beizeiten die Liebe
ad acta gelegt
und die Lust dazu
turmhoch gestapelt
gelebtes Leben
vergessen
das Fenster zu schließen
ein Windstoß genügt
bringt alle Zeugnisse
und Pläne durcheinander.
Marion Hinz
Deine Hände
Ich sitze ganz still neben dir,
betrachte deine alte Hand,
sie tastet und sie sucht nach mir,
verknüpft mit unsichtbarem Band.
Die Finger, die durchs Haar mir fuhren,
als ich ein Kind war, wunderbar,
die Sonnenstrahlen für mich suchten,
die mich ernährten, Jahr für Jahr.
Die Hand, die mir den Weg beschrieb,
mit einem Fingerzeig nach oben,
die Traumgespenster mir vertrieb,
sie konnte tadeln und auch loben.
Die Hand, die meine Tränen berührte,
die mich sanft streifte und fest zog,
die mich lenkte und mich führte.
wenn ich lachte oder log.
Die Hand, die mich vor vielem schützte,
die immer fleißig war und rau,
die weich und zart mein Köpfchen stütze,
Du Seelenmensch, Du Mutterfrau
Nun sitz ich hier, betrachte dich,
deine Hand ist blass und kalt,
die Kraft, sie ließ dich nie im Stich,
doch schwarzer Engel kommt nun bald.
Jetzt falte ich Dir deine Hände,
zum letzten Mal berühr` ich dich,
deine Reise ist zu Ende,
ein großer Schmerz, der schüttelt mich.
Uwe Müller (59) aus Wallenhorst, Deutschland
Krankenpfleger, Lehrer für Gesundheitsberufe, Freelancer-Fotograf.
heimat
Flimmernde Hitze
Pieksende Strohhalme
Frösche in Kuhstapfen,
Störche auf den Koppeln,
Libellen, die sich im Haar verfangen,
eiternde Mückenstiche…..
Die Luft riecht nach Chlor,
Ammoniak quillt aus dem Pferdestall,
trächtige Hündinnen,
Eier im Gelege,
Streußel auf dem Kuchen,
stibitzen in der Speisekammer….
Der Zug fährt 7.02
Vier Fahrschüler,
geflochtene Handarbeitskörbchen,
Feldblumensträuße für Oma,
Angst vor dem Puter, der angreift,
Pferde, die durchgehen…
Volksempfänger
und verbotene Sender,
Ratten in der Futterkammer,
Dreschflegel, die hämmern,
Schlossgeister,
Spukgeschichten……
Eine Kindheit in Schlesien,
heute bin ich in Polen,
viva la vita…..
Marlene Wieland (83) aus Hildesheim, Deutschland
Nachtexpress
ein
aufgeschlagenes Buch
Gefühle die
nicht ruhen wollen
können
Bilder von
nie dagewesenen
hier gewesenen
Stationen
der eigenen
Flucht
inwendiges Eilen
Weilen
ein leises
Lächeln
ein Sternenfunkeln
am Firmament
der Anfang
eines Gebetes
nur ein Wort
eine Zeile
der Gedanke
an dich
und alles
ist gut
Jo Köhler
Auferstehung
Grabkammer
verschlossen
das Leben reibt sich
an dunklen Wänden
ohne Macht
atmet es
leise Finsternis
sich dem Tod
noch verweigernd
harrt es aus
bis
Licht
einbricht
spaltbreit nur
und das Leben steht auf
Raphaela Gentemann (52) aus Hildesheim, Deutschland
wortgestrickt
schneeflocken segeln
über kahle felder
gedichte hocken
hinter dem warmen ofen
und stricken neue worte
pastellfarben
sprechen von den lauten
und leisen vokalen
der kurzatmigkeit der konsonanten
kichern verstohlen
hinter ihren garnen hervor
und legen ein scheit
ins feuer nach
Christa Issinger aus Natz-Schabs, Italien
Den Schleier der Sonne
In Worthütten wohnen wir
hocken hinter dem Strand
Vor Sonnenaufgang gehen wir fischen
werfen das Netz
hoffen auf Schwärme
auf Sätze beweglichen Silbers
Ziehen nichts als den Schleier der
Sonne ins Boot
Genug für den Tag
Angelica Seithe
Der wilde westen
Weit weg dort
das ist alles europa
wo die serben tamo daleko singen
wo die engländer mit ihrem ganzen england nach amerika segeln
wo die franzosen täglich im chor die bastille einnehmen
wo die spanier tanzen und rache für den raub europas schwören
wo die deutschen papiere sortieren und um die gesundheit laufen
wo bei den schweizern ein jeder sein loch im käse hat
wo die holländer hoffnungsvoll die invasion der don quijotes erwarten
wo die schweden die dänen besuchen gehen
wo die italiener auf ihrem einen bein hüpfen
wo die polen noch nicht verloren sind
wo die türken im stillen ihr byzanz wiederaufbauen
wo die russen nicht wissen
wo sie sind und dieses europa sein wollen
Wjatscheslaw Kuprijanow, Moskau
Bahnsteigkante
du fährst
und ich hoffe
fürchte jedes Mal
den Augenblick, der
mich zurücklässt
beiseite
wie gesagt
ich hoffe und
fürchte jedes Mal
den Engel zwischen
uns, der da lächelt
mit ernstem
Gesicht
Jo Köhler
Für Dich
Meine leeren Schuhe
sind voller Reisepläne
und wissen Umwege,
die alle zu Dir führen.
Günter Grass
An meine Geliebte
Dir, in deiner Sprache
erzählen zu können,
wie ich dich liebe,
trennte ich mich
von den Liedern meiner Wiege.
Das Echo ist verklungen,
verstummt der Schall,
ich nehme keine Stimme wahr,
keinen Widerhall,
nur die Klänge deiner Seele.
Imre Máté, Budapest
Heimat
kaltes blaues Tier
mit sieben Zähnen
Ich riss mich los
aus deinem Maul
floh zweimal um die Welt
doch nie genug
Heimat –
süßer derber Duft
aus Mandelspan und Butt
Ich badete
in fremden Meeren
doch tief in meiner Haut
da trag ich dich
Heimat –
blinder weißer Fleck
auf meiner Herzkarte
Mit dem Finger
male ich dich nach
deine Linien verblassen
immer wieder
Im Augenweiß
trage ich Staub
Die Tage schlagen Falten
Heimat –
verlass mich nicht
Hauch Atem Schmetterling
Maja Loewe (38) aus Hannover, Deutschland
Frieden
wo Orangenbäume blühen
wo Kinder sterben
wo Pfirsiche wachsen
wo Kinder auf Kinder schießen
wo Zitronen reifen
wo niemand mehr übrig bleibt
sie zu ernten
wo jedermann zu hungrig ist
sie zu genießen
wo weiße Zweige
hinter den Ohren der Mädchen stecken
nicht als Schmuck
sondern als Schutz
weiße Flagge
Frieden wird kommen
eines Tages
wenn die Orangenbäume blühen
Anna-Katharina Kürschner
Zu eng
Du hältst mich fest
als wollte ich fliehen
die Luft wird dünn
zwischen uns
mein Atem verzagt
die Straße
vor meinem Fenster
läuft dem Horizont
entgegen
übermütig
singt sie ein Lied
manchmal singe ich mit
Ursula Lüthe, Köln
blickselig
du,du sag,
wie sind wir
unter die worte geraten?
als deine augen
mir noch sprachen,
lieszen meine lippen
worte zu küssen vergehen & uns
purpurfarbene levkojen entstehen,
wenn ich in mir
verschwand,befand ich mich
so ganz bei dir & es,
es trieb & drängte mich
der worte bar zu sein
du,du weißt du,
wir zersätzen uns,
wort um wort
begreifen unsere hände
nichts mehr & spröde
sprechen lippen nur
du,du sag,
wie sind wir
unter die worte geraten?
noel legne (Sabine Engel)
ZEN
fliegen
und doch nicht fliegen
übers Meer der Emotionen
gedankenlos fallen wie ein Stein
nach unten sinken
und aufsteigen wie ein Vogel
mit weiten Schwingen zum Himmel
hinausstürzen ins freie
ins offene
fort von
diesem ewigen Sprachgewirr
des Zwischenmenschen
fort von den Gesetzmäßigkeiten
des eigenen Lebens
und seinem dauernden Ringen
um Geltung oder Durchsetzung
alle sind falsch
und alle sind richtig
die Zeit
und sich selbst geschehen lassen
ganz gleich was ist
ganz gleich was kommt
zwecklose Dinge tun
zum Beispiel grundlos Steine
den Berg hinauf tragen
oder stundenlang vor einem Baum
sitzen und einfach nur
da sein
Jo Köhler
Es ist, wie es ist
Weißt du
Wie das ist?
Immer nur versuchen
Immer nur
Vergebens.
Und nie kann ich das sein, was ich sein will.
Immer bin ich nur ich
Immer ist es nur eine Skizze, ein einsamer Versuch
Und ein furchtbares Scheitern.
Wie gern würd‘ ich mehr sein
Wie gern würd‘ ich aufrecht stehen und sagen: Das bin ich
Das alles bin ich!
Aber immer nur bleibt es eine Vermutung
Alles unausgesprochen
Und tausend Fragen in meinem Kopf,
die ich mir nicht zu stellen wag‘
Und keine Antworten.
Bin das ich?
Ja
Lisa-Maria Rakowitz, Wien
Heimat
kaltes blaues Tier
mit sieben Zähnen
Ich riss mich los
aus deinem Maul
floh zweimal um die Welt
doch nie genug
Heimat –
süßer derber Duft
aus Mandelspan und Butt
Ich badete
in fremden Meeren
doch tief in meiner Haut
da trag ich dich
Heimat –
blinder weißer Fleck
auf meiner Herzkarte
Mit dem Finger
male ich dich nach
deine Linien verblassen
immer wieder
Im Augenweiß
trage ich Staub
Die Tage schlagen Falten
Heimat –
verlass mich nicht
Hauch Atem Schmetterling
Maja Loewe (38) aus Hannover, Deutschland
Meine Freiheit
Niemals,
selbst wenn
eines Tags
einmal
das Wasser brennt
und das Feuer gefriert
will ich aufhören
zu lieben,
zu denken,
und
frei zu sein!
Oliver Meiser, Ungarn
Qualifikation
Kein einziger
Mitdenker
Konnte sich
Als Mitläufer
Qualifizieren.
Ingo Cesaro
[Teil I]
„Wie laufen die Geschäfte?“, wollte Herr Gottlieb wissen.
„Große Geschäfte, kleine Geschäfte / nichts geht über meine Kräfte“, reimte Herr Hopp, und sein grimmiger Nachbar schüttelte den Kopf: Ihnen wird die gute Laune auch noch mal vergehen.“
„Wenn es so weit ist, sage ich ihr, sie soll doch auf Sie überspringen. Bis dahin würde ich sie gerne behalten.“
Da schüttelte Herr Gottlieb den Kopf und sagte: „Da kann ich nur den Kopf schütteln. Eines Tages werden Sie auch noch auf dem Boden der Tatsachen landen.“
„Ich liebe Tatsachen“, rief Herr Hopp. „Da habe ich immer etwas, was ich verdrehen kann. Sie glauben, ein Affe kann nicht Tango tanzen? Bei mir schon. Ein Goldfisch kann kein Vaterunser beten? Reingelegt, das kann er auch bei mir nicht! Kommen Sie doch einfach mal in die Vorstellung. Sie werden sehen, von der guten Laune ist auch für Sie noch was da.“
Roger Willemsen
Aus: Das müde Glück des Hiob, erschienen in edition chrismon.
[Teil II]
„Und?“, fragte Herr Gottlieb, „alles im Lack?“
„Und selbst?“
„Kann nicht klagen.“
„Wollen täten Sie aber schon, was?“, flaxte Herr Hopp.
Man sieht, die beiden begegneten sich nicht zum ersten Mal. Um genau zu sein, sie begegneten sich jeden Morgen, wenn Herr Gottlieb seine Laune nacheinander an seiner Frau, den Blumen, der Tochter, dem Wetter oder der Luft ausließ, während Herr Hopp seine Tiere ausführte und sich seines Lebens freute.
….
Warum Herr Hopp am frühen Morgen ein Dromedar spazieren führt? Warum nicht? Wer hätte nicht mal Lust darauf? Aber die meisten Menschen sterben, liegen da und denken: Nicht ein einziges Dromedar hab ich in meinem Leben ausgeführt. Das hätte mir auch mal früher einfallen können. Aber dann ist es zu spät. Vielleicht sagen sie aber auch: Ich bin zu wenig Riesenrad gefahren, zu selten durch Laubhaufen gelaufen.
Roger Willemsen
Aus: Das müde Glück des Hiob, erschienen in edition chrismon.
Ich glaube
Ich glaube – dass der Acker, den wir pflügen,
nur eine kleine Weile uns gehört.
Ich glaube – nicht mehr an die alten Lügen,
er wär auch nur ein Menschenleben wert…
Ich glaube – dass den Hungernden zu speisen,
ihm besser dient als noch so kluger Rat…
Ich glaube – Mensch sein und es auch beweisen
das ist viel nützlicher als jede Heldentat…
Refr.
Ich glaube – diese Welt müsste groß genug
weit genug, reich genug für uns alle sein.
Ich glaube – dieses Leben ist schön genug,
bunt genug, Grund genug sich daran zu erfreuen…
Ich glaube – dass man die erst fragen müsste,
mit deren Blut und Geld man Kriege führt..
Ich glaube – dass man nichts vom Krieg mehr wüßte,
wenn wer ihn will auch am meisten spürt…
Ich glaube – dass die Haut und Ihre Farbe,
den Wert nicht eines Menschen je bestimmt..
Ich glaube – niemand brauchte mehr zu darben,
wenn auch der geben wird, der heut nur nimmt!
Refr.
Ich glaube – diese Welt müsste groß genug
weit genug, reich genug für uns alle sein.
Ich glaube – dieses Leben ist schön genug,
bunt genug, Grund genug sich daran zu erfreuen…
Udo Jürgens
Trauert nicht, wenn ich gehen muss
mit auf meinen letzten Weg
denn in dieser fühl ich Leben,
sie ist für mich fester Steg.
Spielt für mich die alten Lieder,
tanzt, wenn ich es nicht mehr kann.
Schaut mich durch die Wolkenbilder
immer wieder freudig an.
Hört mich in dem Blätterrauschen,
hier in unserm Buchenwald,
lächelt zu des Kuckucks Rufen
wenn es durch den Frühling schallt.
Seht den Mohn im Kornfeld leuchten,
hört der Lerche helles Lied.
Lebt bewusst das ganze Leben,
hadert nicht, was auch geschieht.
Springt durch Pfützen, schwimmt durch Wellen,
raschelt euch durch Herbstes Laub.
Auch wenn vieles sich mal ändert,
alles wird hier nicht zu Staub.
Eines kann euch keiner nehmen,
und zwar die Erinnerung.
Lasst sie tief im Herzen blühen,
leuchten in der Dämmerung.
Denkt an unsre Märchenstunden,
an die Freuden auch im Spiel,
an die stillen Kuschelrunden,
einfach lieben war mein Ziel.
Singt die alten Abendlieder ,
die ich immer für euch sang
auch für eure Kinder wieder.
Harmonie im Stimmenklang,
werde ich dann mitempfinden,
tief in euren Herzen drin,
seelenfest mit euch verbunden
ganz egal, wo ich dann bin.
Flora von Bistram, Hildesheim
Ach, und ich dachte
Ach, und ich dachte
Wenn ich dich liebe
Könnte ich sein
Dürfte ich leben –
Narren denken so!
Schurken denken so
Ernst Jandl
Ein Liebesgedicht
Ich stehl mir einen Fetzen
Wärme aus deinen
Mund
im Regen
willst du mein Herz
halten damit
es nicht klamm wird
bitte
zu spät
lachst du
es schimmelt
doch schon
deins nicht
aus Stahl
und beim Polieren
kann man sich spiegeln
Sophia Fritz, Tübingen
18 Jahre alt
Meine Kirche
braucht keine Buntglasfenster
zeigt alle Farben
in spiegelndem Wasser
Gehen und Kommen
in Ebbe und Flut
Mach mir kein Bildnis
bin dir ganz nah
Wenn ich mich bewege
in treibendem Sand
hältst du mich
Adriane Meinhardt
Oldenburg/Deutschland, Alter: 54
Gott,
Gott,
gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann,
gib mir den Mut,
Dinge zu ändern,
die ich ändern kann,
und gib mir die Weisheit,
das eine vom anderen
zu unterscheiden.
Reinhold Niebuhr
Amerikanischer Theologe
Inselreich
windschiefe Bäume
an Steilklippen, die jederzeit
abbrechen können
ausgetretene Sandpfade
die egal ob hinauf oder hinab
alle ans gewünschte Ziel führen
der Glamour des Meeres
das helle Glitzern des Wassers
eine kleine weiße Yacht
die majestätisch herannaht
in den Hafen einläuft
Vater, Mutter, Kind
die an einem Strang ziehen
könnten wir auch
ein anderes Leben
man braucht nicht viel
man braucht nur
verweilen – für einen Augenblick
an derselben Stelle
bleiben
die Geschichte, die Erinnerung
kommt dann ganz von selbst
egal ob sie nun wahr ist
oder nicht
immer wieder Blau tanken
seewärts, landwärts
sich nicht satt sehen können
in der Nähe genau wie
in der Ferne
die gefühlte Weite
immer wieder einatmen
die Aussicht zur Sucht
werden lassen, warum nicht
und bei der Heimkehr, Gott lob
nichts weiteres
als Möwen und Fähren
im Kopf
Jo Köhler
Mond
s. Rückseite
Mond
Medaille
s. Rückseite
Herz
Herz
s. Rückseite
Blut
Blut
s. Rückseite
Wasser
Wasser
s. Rückseite
Tränen
Tränen
Lachen
auf der Rückseite
Leben Tod
auf der Rückseite
Leben
wende dich nicht um
siehe
alles vom Anfang an
W. Kuprijanow
[Übersetzt von Peter Steger]
Faust
Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
und leider auch Theologie!
Durchaus studiert, mit heißem Bemühen.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor!
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund nicht
Manch Geheimnis würde kund… Dass ich
Erkenne, was die Welt im Innersten
Zusammenhält, schau alle Wirkenskraft und
Samen, und tu nicht mehr in Worten kramen.
Johann Wolfgang von Goethe, Faust I
An das Meer
zaghaft fordernd in deine Klauen,
verfängst mich
in deinen tanzenden Schritten,
überflutest mich mit mir selbst.
Schreist mich schweigend an
und wartest dein ganzes Leben lang.
Auf mich? Auf mich!
Denn ich kann dich erklären,
wenn mir das Herz in deinem Salz ertrinkt.
Ich kann meine Seele in dich hinein schäumen,
so wie du mir deinen Zorn
gegen die Beine schmeißt.
Du schlägst Wellen in meinen Bauch
und machst Liebe mit dem Sand,
wie ich da stehe und mir wünsche,
unter einer Muschel zu wohnen,
als ein Sandkorn,
welches in dir sein zu Hause findet.
Ich verzeihe dir. Ich fliehe nicht.
Ich kann dich denken sehen
und handeln ohne zu überlegen.
Du bist ein Held, denn du lässt die Sonne,
den Mond, die Wolken, den Himmel…
das ganze Universum über dir wohnen.
Und mich trägst du in dir,
wie ich dich in mir.
Sina Opalka
Heute gehe ich
den schmalen Pfad am Fluss entlang.
Sonnenstrahlen funkeln zitternde Bilder
auf den moosbedeckten Weg.
Aus dem Wasser springen Fische,
glitzernde Kreise bleiben
beim Eintauchen in das kühle Nass.
Schmetterlinge begleiten uns gaukelnd
wie trunken von Blüte zu Blüte.
Heute gehe ich mit meinem Liebsten,
wir gehen Hand in Hand.
Das Glück hat uns berührt.
Heute gehe ich mit meinem Liebsten
den steinigen Weg, der zur Anhöhe führt.
Nebelfetzen verschleiern die Sonne,
lassen ihr Licht nur erahnen.
Scharf klingt das Krächzen der Krähen
von den hohen Wipfeln der Föhren.
Ein böiger Wind lässt uns frösteln,
wir treten den Heimweg an.
Wir gehen – Hand in Hand.
Berühr uns Glück!
Heute gehe ich mit meinem Liebsten
den vertrauten Pfad, den wir einst gingen.
Äste streifen das Gesicht,
Dornen wollen nach uns greifen.
Im sumpfigen Boden schmatzen die Schritte.
Fauliges Wasser nimmt uns den Atem.
Die Welt hat sich verwandelt.
Heute gehe ich, mein Liebster.
Lass meine Hand – mein Glück.
Heute gehe ich.
Monika Steinmetz
kein gedicht
ohne plan
ohne besondere
erwartung
alles ganz einfach
das gras ist das gras
der himmel der himmel
die amseln
singen wie immer
und die schmeißfliegen
schillern blau
in der sonne
wir sitzen unter bäumen
die einander grün sind
bis in die wipfel
essen honigbrote
trinken tee
du legst deinen arm
um meine schultern
dieser tag
ohne plan
über den ein gedicht
zu schreiben
mich schamrot werden ließe
Ingeborg Brenne-Markner (66) aus Sankt Augustin, Deutschland
DIE NAHT ZWISCHEN HIMMEL UND OZEAN
im Ozean
der erschöpfte Engel
ablesbar die Windstärken
an seinen Flügeln
aus Gischt
manchmal springen Fische
aus dem Wasser
ungläubig
wollen sich vergewissern
dass der Engel
Himmel und Ozean
noch immer zusammenhält
wenn die Herbststürme
das Meer beunruhigen
macht sich der Engel
wieder
auf den Weg.
Ingo Cesaro
anlandung
um diesen moment zu fassen
keine weisheit groß genug
um ihn bis zum grund
zu durchdringen
kein schweigen still genug
all das ungesagte
zu besänftigen
kein schrei laut genug
es zu bezwingen
kein traum verträumt genug
mich ihm wieder
zu entreißen
Jo Köhler
Erste Hilfe
ist mein Sanitäter
beatmet
meine Sehnsucht
im Sauerstoffzelt
des Schweigens
bis mein Herz
wieder schlägt
geheimniswach
der Spur der Sehnsucht
folgt – für heute
gerettet
Lisa F. Oesterheld
Ein Aprikosensommer
Lavendelsanft wartet die Schwalbe auf einen neuen Himmel.
Der Regenbogen knallt seine Farben durch die Wüsten,
es regnen neue Lieder auf die Erde.
Blinde Kuh spielen im Desaster der verlorenen Wonnen;
komm und finde meine Sonnen.
Verrostet erstickt unsere Liebesluft am Gitter des Lebens.
Ich male sie kunterbunt, bis zur Auferstehung.
Ich höre dein weinendes Herz und sticke engelssanft dir neue Flügel fürs Leben.
Glaube mir: Du wirst fliegen lernen.
Ein Aprikosensommer wartet vor der Tür. Oh wie saftig der Tag,
wie süss die Nacht!
Im Wüstenland Sterne suchen, und dabei Wasser finden.
Die blitzende Quelle schmeckt himmlisch, kometenhaft verschwindet unsere Angst.
Sabine Aussenac
Lovesong
denn wenn es Nacht wird, weiß ich Dich bei mir.
Bei Dir ist meine Dunkelheit gut aufgehoben,
sobald Dämonen mein Gemüt umtoben,
schickst Du sie weg – und sie gehorchen Dir.
Ich darf den Tag schon vor dem Abend loben,
denn keine Zeit hat uns einander fremd gemacht.
Das Leben lebt, wir sind mal unten, sind mal oben,
doch immer miteinander wunderbar verwoben,
Wir wachsen – und wir geben aufeinander Acht.
Ich darf den Tag schon vor dem Abend loben,
denn jeder Tag ist auch ein Tag mit Dir.
Wenn unser Abend kommt, entschweben wir nach oben,
und freuen uns, das nächste Stück zu proben,
Verrückte Welt – was sind wir gerne hier!
Sören Callsen, Seevetal
Schadenfall
keine Panzerung mehr da ist
kein Status, auf den
ich mich berufen
der mich noch schützen
kann
der Blick zurück
ganz stumpf geworden
der Blick nach vorne
haltlos
ich wünsche mir Frieden
ich wünsche mir
einen neuen Anfang
oder zumindest
ein etwas besseres Ende
dafür
ich weiß nicht, was jetzt
noch zu tun ist und wie ich
meine seelische Taubheit
überwinden kann
oder weiß ich es
doch
Jo Köhler
Gepriesen
die aufhorchen lässt
ein gedanke
der zu herzen geht
ein lächeln
das aus dem nichts
kommt
nur dich meint
wie ein nach innen
gekehrter spiegel
in dem man
sich nicht satt sehen
kann
zum greifen nah
und im selben schon
vergangen
Jo Köhler
Das Wiegenlied
Wende Dein unruhiges Gesicht ab vom blauen
Himmel
Tauche die Glut Deines Blickes ein
In den Sonnenuntergang
Erhebe Dein Herz, ertränke Deine Seele
In der farbenfrohen Orgie
Des Sonnenuntergangs
Laß Dein Stolz
widerspiegelndes Antlitz untertauchen
In der versinkenden Schönheit
Des Sonnenuntergangs
Bruder
Salbe Deinen Körper mit den Narben Deiner Sterne
Gib Deinen Odem auf, gleite behutsam fort, hinab
In den Sonnenuntergang
Elias Onwuatudo Dunu, Nigeria
Quelle: 1996 Lyrik-Plakat in den Stadtbussen in Hildesheim
Sommertag
und trödeln Richtung Ewigkeit-
rein und klar und weit,
Sonne atmend und Fliederdüfte:
Aus buntem Glas ein Augenblick
aus Lerchengesang und Glockenschlag-
ich hüte ihn zärtlich, diesen heiligen Tag,
dass er nicht in den Händen der Zeit zerbricht.
Anna Diouf (27) aus Hannover, Deutschland
Wortlos
sind mir abhanden
gekommen auf dem Papier
wollen nicht über die Lippen
aus dem Mund
gleiten still vorüber
schamhaft schweigend
vor meinen Augen
beim Anblick der Welt
dort draußen.
Marion Hinz
HEIMAT
stehen
Häuser
aus Lebkuchen.
Aus den
Schornsteinen
quillt
Zuckerwatte.
Siehst du das denn nicht?
Die Fassade
blutet,
Fliesen stürzen
von den
Wänden.
Ich kneif´
die Augen zusammen.
Die Stadt
schmeckt
nach Gummiteddy.
An jedem
Baum
klebt
ein Bild
der Vergangenheit.
Die
Spatzen
tirilieren
wie Paradiesvögel.
Die Luft riecht
nach Not.
Das ist meine Heimat,
so unverdaulich
und
köstlich
zugleich.
Ulrike Hinrichs, Hamburg
Fränkischer Sommer
Wenn unter der Julisonne
das Drachentier schläft,
wenn Stein und Erde rissig werden,
fühlbar,
greifbar,
wie eine vertraute Haut.
Wenn die Holunderbüsche,
die winters so trostlos starrten,
als käme kein Sommer mehr,
wenn die Holunderbüsche
ihr strotzendes Grün
über bröckelnde Mauern hinweg
still in die Sonne halten.
Manchmal öffnet sich dann
leise knarrend
das schiefe Hoftor vergessener Sommer.
Ein Kind steht am Zaun,
in der Schürzentasche den starken Geruch
einer Holunderblüte
und Erdkrumen zwischen den Zehen.
Das Drachentier blinzelt ins Licht,
dehnt die rissige Haut
und schläft wieder ein.
Das sind die wunschlosen Tage
Dagmar Scherf
Halte aus, halte aus –
alle Abgründe und Höhen
sind in dir enthalten
du bist nicht „schlecht“
sondern nur unklar
du bist nie „verloren“
aber du bist noch nicht
zu deinem Kern
vorgedrungen
du bist nicht allein –
du hast nur noch nicht
die anderen
deine Schwestern und Brüder
in dir selbst entdeckt…
du hattest geglaubt
du seist nichts –
doch alle Sonnen und Sterne
leuchten in deinen Augen!
Gerhard Kreuzer
Dem Zwischenmenschen
Zwischenmenschen
wie hältst du mich
nur aus
wie schaffst du es
mich Tag für Tag so herzlich
zu begrüßen
wie erträgst du es
mich jedes Mal geduldig
anzuhören
woher nimmst du die Kraft
all meinen Gedanken
zu folgen
wie kriegst du es fertig
mir dennoch niemals gram
zu sein
wie schaffst du es bloß
mir immer wieder
Mut zu machen
wie hältst du mich
nur aus
Jo Köhler
Altes Land
Es war immer noch besser als die Geschichten, die sie Karl vorlesen musste, in seinem letzten Jahr, als sie ihn gar nicht mehr alleine lassen konnte.
Karl, der die Alpen nie gesehen hatte, liebte die heile Welt der Bergromane, seit er in Veras Wartezimmer ein Groschenheft gefunden hatte, von einer Patientin mitgebracht und auf dem Stuhl vergessen.
Vera kaufte sie ihm dann bei Edeka, jede Woche ein neues. Die alte Zahnärztin mit den Bergdoktor-Romanen im Einkaufswagen, die Leute hatten sich wahrscheinlich amüsiert, aber wer wunderte sich noch über Vera Eckhoff.
Karl konnte da schon nicht mehr gut sitzen, er rutschte nachts immer von der Küchenbank, auch den Sessel und das Sofa im Wohnzimmer hielt sein Rücken nicht mehr lange aus. Also musste er ins Bett, zu müde zum Lesen und zu ängstlich zum Schlafen, er blieb nur liegen, wenn Vera bei ihm war und ihm die Bergdoktor-Geschichten vorlas.
II.
Vera las meistens von Mitternacht bis gegen eins, wenn Karl schließlich in einen traumlosen Schlaf glitt, aber oft wirkten Dr. Burgers Mittel nicht bis zum nächsten Morgen, und Vera hörte Karl doch wieder schreien.
Erst wie ein Kind, dann wie ein Kind.
Sie weckte ihn, setzte sich auf die Bettkante und hielt ihn, bis er wieder ruhiger war, aber manchmal halfen nur noch die Tropfen. Psychopax, zehn Stunden Seelenfrieden, aber am nächsten Morgen musste er dafür bezahlen, er war benommen von dem Valium und verkatert bis zum Nachmittag, ft war die nächste Nacht dann wieder schlimm.
Was er nachts träumte, war nicht mit Worten zu beschreiben. Vera fragte ihn nicht mehr, sie sagte ihm auch nicht, dass er im Schlaf nach seiner Mutter wimmerte.
»Hölp mi«, weinte Karl Eckhoff, »Mudder.«
Aber Ida konnte ihrem Jungen nicht mehr helfen, also half Vera ihm.
III.
Sie hatte lange überlegt, wie sie es machen sollte. In manchen Nächten hatte sie das Buch leise zur Seite gelegt, wenn Karl die Augen zugefallen waren, hatte Idas handbesticktes Sofakissen in beide Hände genommen, weil es groß war und schwer genug für einen alten Mann. Dann hatte sie es sinken lassen, denn Karl, der in seinem nassen Laken Nacht für Nacht verblutete, hatte es nicht verdient, in dem verhassten Bett zu sterben.
Karl Eckhoff sollte fallen wie ein tapferer Soldat, sauber getroffen von einem Schuss, der unerwartet kam, zwischen den Gräbern eines Apfelfeldes, ein Tod für einen Helden. Er hatte Orden verdient für seine Tapferkeit, er hatte Tag für Tag auf seinem Schlachtfeld ausgeharrt, in all den Nächten war er nicht auf den Kornboden gestiegen, nicht vom Hocker gesprungen. Er hatte Vera nicht alleingelassen.
IV.
Es kam ihr vor, als hätte sie ihr Leben lang geübt für diesen Schuss, immer dann, wenn sie zusammen durch die Obstfelder gepirscht waren, im ersten Licht eines Herbst- oder Wintermorgens. Karl, der schon lange nicht mehr schoss, liebte das Jagen immer noch, die menschenlose Stille, die Welt im Fernglas, die Stunden auf dem Hochsitz, Veras kratzigen Kaffee aus der Thermoskanne, er trank ihn gern, und rauchen konnte er ja nicht, bevor sie schoss, die Tiere witterten den Qualm.
Wenn sie langsam und leise ihr Gewehr hob, anlegte auf einen Hasen oder ein Reh, das linke Auge zukniff, den Zeigefinger an den Abzug legte, steckte Karl die Finger in die Ohren und sah auf seine Füße.
V.
Vera schoss erst, wenn sie ganz sicher war, sie traf fast immer. Karl stand an einen Baum gelehnt und rauchte, wenn sie das Auto holte. Beim Tragen half er noch, zusammen packten sie das tote Tier und legten es in Veras Kofferraum. Aber er ging dann allein zurück, zu Fuß, ein Jäger ohne ein Gewehr. Es war so einfach: Der alte Karl Eckhoff, auf der Jagd erschossen, ein Unfall, diese Dinge kamen vor.
Sie sah ihn mit seinem steifen Bein durch das stumpfe Licht eines Novembermorgens humpeln, sah ihn klar und deutlich durch ihr Zielfernrohr, folgte ihm lautlos durch das nasse Gras, es hingen kaum noch Blätter an den Apfelbäumen. Vera hörte die Singschwäne, die Richtung Elbe zogen, ihr schiefes, trostloses Lied, Karl blieb stehen und schaute zu den Vögeln hoch, er stand ganz still und ahnungslos, und Vera legte ihren Finger an den Abzug. Und konnte es dann nicht und schämte sich für ihre Feigheit.
VI.
In diesem Winter schliefen sie kaum eine Nacht.
Im Frühling ging es besser.
Im Sommer war es nicht mehr auszuhalten.
Karl hing, wenn die Sonne schien, im Halbschlaf auf der Schaukel, manchmal pfiff er noch vor sich hin, aber im nächsten Moment könnte er hochschrecken und einem unsichtbaren Vorgesetzten salutieren.
Er schrie jetzt auch bei Tage, ein paarmal kam Heinrich Lührs (der Nachbar) aus seinem Garten angerannt, dabei kannte er das Schreien doch, er hörte es, weil sie Karls Fenster in den Sommernächten offen ließ. Heinrich sah auch das Bettzeug auf der Leine, jeden Tag, kiek man nich hen, aber er wusste, was bei Eckhoffs in den Nächten los war.
Was er nicht wissen konnte, erzählte Vera ihm, wenn er in ihre Praxis kam, einmal im Halbjahr zur Kontrolle. Wenn Heinrich Lührs auf ihrem Stuhl lag, zwei Watterollen in der Backe, die Helferin gegangen, das Wartezimmer leer… erzählte Vera ihm die Dinge, die sonst keinen etwas angingen.
Den Mund weit offen, hörte Heinrich Lührs von Veras Jagdunfall mit Karl, von seinem Heldentod und ihrer Feigheit. Er zuckte nur ganz leicht, als Vera es erzählte, aber als die Watte draußen war und der Mund ausgespült, verließ er schnell die Praxis. Sie war ihm manchmal nicht geheuer.
VII.
Dann saßen sie auf Idas alter Hochzeitsbank, an einem Tag im Juli, als noch die Kirschen in den Bäumen hingen, Heinrich und Vera mit Karl in ihrer Mitte, der nicht mehr schrie, weil Vera ihm zehn Tropfen Psychopax gegeben hatte. Er lehnte jetzt schlafend an der Schulter seines Nachbarn.
Karl Eckhoff war ein Fall fürs Irrenhaus, sein Langem schon, für Heinrich war die Sache klar, man brauchte Vera damit aber nicht zu kommen. Und die Verrückten lebten oft am längsten, Karl musste über neunzig sein, er sah schon lange wie ein Toter aus.
Vera zog ihn von Heinrichs Schulter zu sich rüber, ohne ihn zu wecken, sie legte Karls Kopf in ihren Schoß, und weil sie sonst nie weinte, merkte Heinrich es nicht gleich, sie machte kein Geräusch dabei.
Heinrich Lührs traute sich erst nicht, saß eine Weile stumm auf dieser morschen Bank mit ihr, dann fragte er sie doch, ganz leise, weil Karl es nicht hören durfte:
»Kannst em nich wat geven, Vera?«
Sie sagte dazu nichts, Heinrich stand auf und ging, aber ein paar Tage später fuhr Dr. Vera Eckhoff zu ihrem alten Tierarzt und ließ sich 100 ml Narcoren geben. Die richtige Menge, um eine mittelschwere Trakehnerstute einzuschläfern. »Macht kein Vergnügen«, sagte er und drückte ihr die braune Flasche in die Hand, dann packte er ihr eine große Spritze und ein paar Kanülen in eine Plastiktüte und sah sie prüfend an. »Ruf an, wenn ich das lieber für dich machen soll.« Sie schüttelte den Kopf.
VIII.
Am Sonntag danach, der warm und windstill war, saß Karl unter der Linde, seine weißen Rauchringe schwebten in die Baumkrone, er blickte ihnen nach, bis sie verschwunden waren, dann machte er neue. Vera sah ihn aus dem Küchenfenster, sein graues Haar verfilzt, der Rücken schmal wie ein Kinderkreuz, nur schiefer. Sie ging nach draußen, setzte sich neben ihn, ihr war, als hätte sie ihr ganzes Leben so verbracht, auf dieser weißen Bank mit Karl, der rauchte.
»Wat würst du lütt, Vera«, murmelte er plötzlich und fing leise an zu pfeifen. Sie sah ihn eine Weile von der Seite an, seine Wangen so hohl, die Augen rot von der Müdigkeit.
»Karl«, sagte Vera, »schall ik di wat geven, dat du slapen kannst?«
Er stellte sein Bein, das steife, ein bisschen anders hin. Dann guckte er vor sich ins Gras, wo die Ameisen wimmelten, und griff nach seinen Zigaretten.
»De Dröpen (Tropfen) meenst du nich«, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf.
In der Nacht musste der Bergdoktor wieder kommen. Karl ag in seinem Bett, klein und flatternd wie ein Vogel, und seine Stimme war so schwach, dass Vera ihn erst gar nicht hörte.
IX.
Als sie ihn dann verstanden hatte, half sie ihm beim Anziehen, hakte ihn unter, und sie gingen, langsam wie ein Brautpaar, durch die Dielen in den Garten.
Auf der Bank legte sie ihm eine Decke um die Schultern und gab ihm seine Zigaretten, dann ging sie ins Haus und kam zurück mit einem Glas Apfelsaft von Heinrich Lührs, und in der anderen Hand ein Glas, das kleiner war. Karl Eckhoff war nur eine Handvoll Mensch, er brauchte gar nicht viel.
Es war sehr dunkel, nur ein dünner Mond am Himmel. Auf der Elbinsel fiepten die jungen Möwen, schlaflos, ruhelos, immer hungrig. Die Blätter der Silberpappeln zischten im Nachtwind, als wollten sie um Ruhe bitten.
»Schhhh.«
Er nahm das Glas aus ihrer Hand, Vera legte die Hand unter seinen Ellbogen, hielt seinen Arm ganz leicht, weil er so bebte, und dann kippte er das Zeug wie Schnaps, schüttelte sich, »as Knüppel op´n Kopp«, und Vera gab ihm schnell den Apfelsaft.
Sie musste an Ida denken, in ihrer schwarzen Tracht am Deckenbalken, sie nahm Karls Hand und hielt sie fest. Er ließ sie nicht mehr los, bis er zur Seite kippte. Vera blieb sitzen neben ihm, auf Idas Hochzeitsbank, bis sie die Amseln hörte.
Die letzte Eckhoff ein Flüchtling. Sie machte kein Geräusch.
X.
Heinrich musste ihr dann helfen, Karl in sein Bett zu tragen, und tat es ohne eine Frage. Der alte Eckhoff war friedlich eingeschlafen, der Rest ging keinen etwas an. Sie saßen in der Küche, bis Dr. Schütt mit dem Totenschein fertig war, und Heinrich blieb noch, bis Otto Suhr mit dem Leichenwagen kam.
Vera tat einmal das Richtige. Karl Eckhoff bekam ein Begräbnis, as sik dat hürt, Otto Suhr wusste, wie das ging. Traueranzeige und Karten, Kondolenzbuch und Kaffeetassen mit Butterkuchen, die Nachbarn kamen alle und aus dem Dorf noch ein paar alte Patienten von Vera, zwei Mitschüler von Karl, die Letzten, die noch lebten.
Pastor Herwig machte es kurz, so nimm denn meine Hände, und dann legten sie Karl Eckhoff neben seine Eltern. Die Kameraden vom Jagdverein standen in ihren grünen Jacken am Grab, sie schwitzten in der Julihitze und bliesen Karl ein letztes Halali, schief wie immer, aber Vera wusste es zu schätzen.
Dörte Hansen, Altes Land
© 2015 Albrecht Knaus Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Tagesanbruch
fiel aus den falten der nacht
verblasste im meer
glitzernd noch einmal
und sank.
Auf den wiesen lag tau.
Tröstete blätter und halme und geschlossene blüten.
Spiegel der morgenröte.
Und liebende
schliefen ermattet, traumlos und andächtig.
Kranke im fieber
wälzten sich trostlos alpträumend in feuchten tüchern.
Leben wurde geboren und
beendet.
Es woben gedanken
bilder des leids und des glückes.
Brüllten irre ihre ohnmächtigen schreie hinaus.
Ermordeten menschen
menschen.
Verfluchten heilige
ihren gott
und beteten sündige heiden.
Da wurde es tag.
Eckart Heinicke
Neuer Reichtum
Ich war starr, beobachtend, abwägend, ängstlich.
Schwer, feige, misstrauisch und dumpf.
Alles war schwierig, kompliziert, erdrückend,
nicht zu ertragen.
Denn ich war allein.
Ich spuckte schwarze Wörter, voller Angst,
Neid,
vor allem und nichts
und beobachtete wie sie an mir hinabflossen und
ihre Spuren hinterließen
wie Pech.
Abgekapselt
um mich im Leid zu laben, immer wieder
darin zu wälzen und mich aufs Neue zu fragen
warum niemand sieht was dahinter ist.
Und mich rettet.
Dann brach es.
Ich bin drinnen.
Ich bin freier, lauter, offener, mutiger.
Schwebend, entschlossen, vertrauensvoll und einfach mehr.
Ihr habt mich gezogen
sanft und hart
in die Lichter. Erhellend, verdunkelnd, schimmernd, unendlich.
Ihr habt mich umfasst und
den schwarzen Sand aus meinen Augen gewischt, befreit
aus den Ängsten,
die mir den Atem nahmen, den brüllenden Wellen,
die mich begruben.
Ich bin neu, ich bin bunt.
Ich bin da, weil ihr da seid.
Ihr macht mich reich.
Lara Mensen (18) aus Gronau, Deutschland
Im Schatten der Mauer
ist das gras bleich und grau ein bitteres gewächs
fegt kein wind den staub der geschichte
biegen strohhalme sich dürstend in den untergrund
verfängt sich das lachen heiser im stacheldraht
und würgt etwas licht ins offene
im schatten der mauer
stutzen sie bäume auf einheitsmaß
stellen sie dein denken an die wand
läufst du rückwärts im nebel im minenfeld
im schatten der mauer
kontrollieren sie den tag und die nacht
wirst du deine eigene festung
geht die seele hinab in das schweigen
gießen sie kopf und herz in beton
endet der klimmzug ins freie
im todesstreifen
im schatten der mauer
warst du und bist du und bleibst
A. Temme
Ich staune
den Urknall der all diese hervorgebracht hat
auch wenn er im Vakuum des Weltraums
vermutlich lautlos war
staune
über den weiten fast sehnsüchtigen Horizont
in meinem Herzen, dessen unerwartete Offenheit
die Dinge diesseits und noch mehr jenseits
der Welt aufschimmern lässt
staune
über das Meer, über die Blumen im Frühjahr
die Mittagsstille im Sommer und über den eigenen
Korpus, die eigene Schale, die die Evolution
so wunderbar geschaffen hat
staune
über die Erfindung der Sprache, aller Sprachen
als schüchternen Versuch das Unsagbare sagbar
zu machen: über mein plötzliches Verstehen
und zugleich Missverstehen
staune
über das Glück der Freiheit, die einfach da ist
trotz aller Angst nicht immer nur Nein sondern
manchmal auch Ja zu sagen, ein großes Ja
warum nicht
doch am meisten staune ich
wie du mich jeden Tag willkommen heißt
und mich immer noch aushältst, so wie ich bin
mit meiner Ungeduld, meiner Unachtsamkeit
und meinen ewigen Klagen
staune immer
wieder
Jo Köhler
in unserem ghetto
brennen keine autos
setzen keine jungs deine augen unter blut
in unserem ghetto gibt es keine schlachten mit der polizei
und keine scherben
in unserem ghetto werden keine mädchen vergewaltigt
und niemand vergibt sie gegen ihren willen
an einen freier einen ehemann
in unserem ghetto gibt es keinen willen mehr
in unserem ghetto brennen wünsche wie büsche
doch der gott
den sie beschwören mit ihrer engstirnigkeit
verhindert ihre zerstörung nicht
in unserem ghetto gibt es keine familenfehden
nur verstossene kinder
in unserem ghetto bist du allein
nicht unsicher in deiner haut
niemand ist in unserem ghetto
dich zu töten
deine angst hat es allein auf dich abgesehen
in unser ghetto wirst du geboren
abseits von deiner familie von deinen freunden
wohnst du hier
lang bevor sie dich dort drüben vermissen
in unserem ghetto bist du sicher
bist du erst einmal hierher gelangt
hast du das schlimmste
die brennenden autos die zäune die jungs
schon hinter dir
Nikos Alexandros
Süchtig nach mehr
eile leichtfüßig davon
entfliehe dem Stillstand
tanze
schwebe
erdverbunden
mondsüchtig
abergläubisch
gläubig
ergeben
trotzig
trotz allem.
Marion Hinz
unzählig
gefeiert
alle leckereien
genossen
und alle freunde
wieder
gegangen sind
die stille danach
die ungeteilte
wenn ich
für eine kurze
grundlose weile
ganz
zu mir selbst
zurück
gekehrt bin
und kein wohin
oder wozu
mehr erforderlich
ist
Jo Köhler
An mein nie geborenes Kind
du hattest so blaue Augen.
Es war Sommer,
du trugst ein Kleidchen und
über die Wiese liefst du
auf mich zu.
Doch du kamst nie an –
meine Arme blieben leer…
Aber ich sah dich, mein Mädchen!
Karla Baier
der vögel flug
unten am fluss den kopf in kies gelegt
schnäbel formen jahresringe in das wasser
die am ufferrand in mir verblassen
mein auge folgt den flügeln im takt
der immerwährenden musik,
die aus den baumwipfeln tönt
ich ertrage diesen tag so gut wie keinen anderen zuvor
er ist kristallfarben, umhüllt mich
im zentrum des schwalbenschwarms
habe meinen radius erfasst
wirbele um die achse der welt
ein neuer äquator unter mir, er verläuft
wo die elbe meinen blick fortspült,
wo die bö umschließt, was immer noch
von mir blieb
er entstand am tag,
als der vögel flug das schönste war, und ich
gefangen
aber glücklich
in meiner eigenen freiheit.
Nils Matzka
kein gedicht
ohne plan
ohne besondere
erwartung
alles ganz einfach
das gras ist das gras
der himmel der himmel
die amseln
singen wie immer
und die schmeißfliegen
schillern blau
in der sonne
wir sitzen unter bäumen
die einander grün sind
bis in die wipfel
essen honigbrote
trinken tee
du legst deinen arm
um meine schultern
dieser tag
ohne plan
über den ein gedicht
zu schreiben
mich schamrot werden ließe
Ingeborg Brenne-Markner (66) aus Sankt Augustin, Deutschland
Heilige Nacht
zwischen den Türmen
Sterne schrieb
Zukunftslichter
blauer Flügel
in denen wir Liebe lasen
Deine Lieder
klangen mit den Katzen
Ich sang dir Ewigkeit
Dort,
hinter den Türmen
wo sich schon Flutsaum bog
taumelten wir –
gezeitenblind
Schrien mit den späten Vögeln
Ein weißer Riss
Ein neuer Morgen
Wir gingen mit der Welt
Nur manchmal
malt ein Traumtier mir
Dein Gesicht zurück
Maja Loewe
heimwärts
gesponnen
ein einziger
moment
des ausschweifens
des sternesuchens
sterneknisterns
in der dunklen nacht
reicht schon
fürs ganze leben
fürs ganze
leben
und
das ist mehr
viel mehr als alle
welt
und alles ich
zusammen sein
könnte
sei es drum
die ganze
menschheit fassen
geht nicht
geht nur
in einem einzigen
exemplar
und das bist du
für mich
Jo Köhler
wie lange noch
werde ich taumelnd mich paaren
mänade mit blut an den händen
mit dem trunkenen gott
wie lange noch
wird mein leib schwer sein von sinn
meine stirn von lüsten umwölkt
mein blick entrissen dem jetzt
ruhend im nirgendwo
wie lange noch
werde ich worte gebären
sie säugen wie hungrige tiere
sie spielen lassen
mit ahnenschädeln
und den knöchelchen meiner geliebten
wieviel kraft bleibt
zu singen das einzige lied das ich weiss
das lied von der erde von stein von gestirnen
das lied von blumen
vom leben vom tod
wieder und wieder
das lied das einzige
das ich weiss
cleo.a.wiertz
Jedes Jahr
kommen sie wieder.
Die anderen.
Mit dem schmelzenden Schnee
im Frühsommer
wachsen die Horden.
Und sie steigen
immer weiter hinauf.
Und es werden immer mehr.
Nach jedem Gewitter,
nach jedem Schneefall
kommen sie aus den
noch nachtschattigen Tälern
gekrochen:
einzeln,
im Gänsemarsch,
in Gruppen,
alle auf der Suche
nach der Quelle des Glücks.
Der Wettlauf zum Gipfel
beginnt.
Als gäbe es Stille und Einsamkeit
nur dort.
Für alle gleichzeitig aber
sind auch Gipfel banal.
Also zurück.
Alle sind auf der Flucht.
Ich bin immer dort hingegangen,
wo die anderen nicht waren:
immer weiter hinauf,
immer weiter weg.
Seit sie mich eingeholt haben,
die anderen, in Horden,
gehöre ich dazu.
Ich bin ihresgleichen.
Reinhold Messner
Elite
du bist die Elite!
Denn Bildung – ganz klar –
ist die Hälfte der Miete:
Du gehst ins Theater,
du kleidest dich schick;
Du hast den Magister,
den besseren Fick;
Du kannst es dir leisten,
den Doktor zu kaufen.
Und überhaupt:
Du kannst auf Wasser laufen!
Du bist akademisch,
gebildet,
versiert;
mit Ämtern und Titeln
geschmückt und verziert;
und kannst es dir leisten,
halb-heimlich, mit Grinsen:
verächtlich: auf all die Versager zu linsen.
Sie bauen dein Auto; die Straßen; die Stadt;
Sie holen den Müll und sie machen dich satt;
Sie schneiden dein Haar; sie kassieren dich ab;
und manchmal: da tragen sie nichts. Oder knapp.
Das alles für dich.
Und die Plattenbau-Miete.
Dem Himmel sei Dank:
Du bist die Elite.
Tatjana Kerschbaumer
Hier stehe ich
Und wünschte es wäre anders
In Zeiten, in denen Menschen gegen das Miteinander
In Zeiten, in denen Menschen gegen den Respekt
In Zeiten, in denen Menschen gegen die Toleranz
Als Fundament unseres Zusammenlebens
Durch Worte und Taten handeln
Ja, da wünschte ich es wäre anders
Aber ich gebe nicht auf
Denn: Hier stehen Wir
Und können immer noch überzeugen
Durch Aufklärung
Philip Simon
Rückmeldungen aus ganz Deutschland
Zu diesen einzigartigen Lyrik-Installationen kann man die Stadt Hildesheim nur beglückwünschen.
Besser kann man Literatur und vor allem Lyrik im öffentlichen Raum kaum vermitteln.
Mit Grüßen aus Saarlouis
Ich bin Mitglied der Kölner Projektwerkstatt „frank und frei“, bei der es sich wiederum um ein Projekt von „junge Stadt Köln e.V.“ handelt. Wir sind mehr oder minder durch Zufall auf die wunderbaren Lesezeichen in Hildesheim gestoßen und waren sofort begeistert – und inspiriert. Da es unser Ziel ist, junge Menschen im kulturellen Bereich zu fördern und ihnen sowohl neue Möglichkeiten, als auch eine Plattform zu geben, haben wir beschlossen, ein ähnliches Projekt ins Leben ins Leben zu rufen.
Ich möchte mich nochmal herzlich bei Ihnen allen bedanken für Ihre tolle Arbeit und für all das, was Sie für die Lyrik getan haben und noch tun.
Vergangenes Jahr habe ich dies auch bereits bewundert. Ein Gedicht an der Michael Kirche hat sich eingeprägt durch die besonders positiven Gedanken des nicht immer Perfekten, Hundertprozentigen.
Gibt es eine Möglichkeit an die Gedichte zu kommen; sind sie vielleicht als Gedichtband o.ä. zusammengefasst und erschienen?
Grüße aus der Pfalz
Herzliche Grüße aus dem Rheinland
Maja Loewe, Hannover
Es ist eine große Ehre, so publiziert zu werden.
Das von mir geschriebene Buch „111 Orte in Hannover, die man gesehen haben muss“ ist seit Monaten der Bestseller Nummer eins bei Amazon für Stadtführer in Hannover. Die vierte Auflage ist fast vergriffen.
Nun soll ein zweiter Band zum Umland Hannovers folgen. Von Ameis Buchladen bekam ich den Tipp mit den „Lesezeichen“. Diese Art der Lyrik-Präsentation könnte in seiner Einmaligkeit ein Ort sein.
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